Der europäische Industriefriedhof

In Europa geht das Gespenst der Deindustrialisierung um. Einerseits überschwemmt China den Markt mit Billigprodukten und andererseits fördert die USA Betriebsansiedlungen (Inflation Reduction Act) mit Milliarden und schützt den Heimmarkt vor Importen aus dem Reich der Mitte.

Die EU hat auf diese Herausforderungen viel zu spät und halbherzig reagiert. Erst jetzt werden die Zölle auf E-Autos aus China angehoben. Als Ausgleich für marktschädliche Subvention nach dem Regelwerk der Welthandelsorganisation (WTO).

Das Handelsbilanzdefizit gegenüber China betrug im Jahr 2023 300 Milliarden Euro. Mit den subventionierten Exporten und der Schaffung von Überkapazitäten versucht China im eigenen Land Wohlstand zu schaffen. Die Kehrseite dieser Medaille ist, dass in Europa ganze Industriezweige in Existenznöte geraten. Ob Stahlwerke, Windkraftanlagenbauer, Medizintechnik, Solarindustrie – die Zukunft spielt in China.

Außer Streit steht, dass ein ausgeglichener Außenhandel zu einer win-win-Situation der Beteiligten führt. Zum Problem wird der Güteraustausch dann, wenn es langfristig zu Ungleichgewichten kommt, da die Marktmacht des Exporteurs (China) zulasten des Importeurs (EU) geht und zu immer größeren Abhängigkeiten führt. Ausufernde Handelsbilanzdefizite waren in der Vergangenheit immer Ursachen von weltweiten Finanzkrisen.

Ein Ausweg aus der Abhängigkeit Europas von China wäre, dass sich die Chinesen verpflichten müssten, ihre Exportüberschüsse für den Aufbau von Produktionsstandorten in Europa zu verwenden. Das Ziel ist ein Gleichgewicht, um ein „De-Risking“ von China vorzunehmen. Sollte dies nicht realisierbar sein, müsste man die Exportüberschüsse für den Kauf von europäischen Staatsanleihen verwenden bzw. eine Obergrenze für Importe – zum Beispiel 3 Prozent vom BIP – einführen; quasi eine Clearingstelle, um die negativen Folgen der Ungleichgewichte auszugleichen. Widrigenfalls finanziert Europa eine faktische Diktatur, die sich mit den Euros nicht nur eine finanzielle Basis für die Eroberung (Angliederung) Taiwans schafft, sondern sich auch die Rohstoffreserven in Afrika (seltene Erden) sichert und damit ihre Rolle als gatekeeper bei den Zukunftstechnologien festigt.

Fazit: Als Folge der dauerhaften Handelsbilanzdefizite gerät Europa immer mehr in Abhängigkeit gegenüber China. Dies führt zu Wohlstandsverlusten qua Deindustrialisierung und steigender Einkommensungleichheit. Brüssel wird vermutlich erst dann die notwendigen bilateralen Einschränkungen beschließen, wenn es schon zu spät ist – ein altbekanntes Muster!