Die Abkassierer

Über das Vermögen der Signa Holding wurde das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet. Die größte Pleite aller Zeiten in Österreich: Die Überschuldung beträgt laut Eigenantrag der Gesellschaft 4,9 Milliarden Euro. Aktiva mit einem Buchwert von 2,8 Milliarden Euro und einem Liquidationswert von 314 Millionen Euro stehen Passiva in der Höhe von 5,3 Milliarden Euro gegenüber. Beabsichtigt ist eine Entschuldung der Gesellschaft, wobei den Gläubigern die gesetzliche Mindestquote von 30 % angeboten wird.

Im Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden als Begründung der Zahlungsunfähigkeit, die steigenden Zinsen und Baukosten sowie sinkende Immobilienbewertungen angeführt. Ob dies tatsächlich die Gründe für den Finanzkollaps waren oder aber vielleicht gravierende Managementfehler, hat der Sanierungsverwalter, der die Ursachen des Vermögensverfalls zu prüfen hat, festzustellen.

Der ehemalige SPÖ Bundeskanzler Alfred Gusenbauer soll gegenüber der Signa Holding im Zeitraum 1.1.2020 bis 31.8.2022 über seine Gesellschaft für die Restrukturierung und die Finanzierung von Immobilien, ein Honorar in der Höhe von 5 Millionen Euro (netto) kassiert. Zusätzlich erhielt er Vergütungen als Beiratsmitglied der Signa Holding und als Aufsichtsratschef mehrerer Signa Firmen. Der SPÖ Chef Andreas Babler findet das moralisch nicht in Ordnung. Ein bisschen wenig für einen Marxisten, der sonst keine Gelegenheit auslässt, um die Gier zu geiseln.

Auch der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz hat über seine Gesellschaft für die Vermittlung eines Investments der Signa Holding einen Betrag in der Höhe von 2,4 Millionen Euro in Rechnung gestellt, wobei nur 750.000 Euro geflossen sind.

Das toxische Wachstum des Benko‘schen Immobilienkarussells wurde dadurch erleichtert, dass in der wichtigsten Management-Instanz, dem Beirat, illustre Namen – vor allem aus der Politik – vertreten waren. Sie waren die Gatekeeper bei den Banken und der öffentlichen Hand.

Es stellen sich nun folgende Fragen, die der gerichtlich bestellte Sanierungsverwalter zu prüfen hat:

  1. War die Höhe der Entlohnung für die Beratungsleistungen der ehemaligen Bundeskanzler angemessen und fremdüblich („Wo woar mei Leistung“)? Im Fall Alfred Gusenbauer ist auch der Umstand mitzuberücksichtigen, dass dieser in den Aufsichtsratsgremien tätig war und die Compliance Vorschriften nur unter bestimmten Auflagen eine Geschäftsbeziehung mit den Kontrolleuren zulassen. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Bestimmung die Unabhängigkeit der handelnden Personen sicherstellen.
  2. Welche Rechtsgeschäfte und zu welchen Konditionen wurden noch in den letzten Monaten vor der Insolvenzeröffnung abgewickelt und wer waren die begünstigten Personen?
  3. Zum 31. Dezember 2022 betrug das Nettovermögen der Signa Holding laut einem Gutachten der TPA noch 4,2 Milliarden Euro. Aktiva in der Höhe von 7,7 Milliarden Euro standen Passiva in der Höhe von 3,5 Milliarden Euro gegenüber. Im Antrag zur Öffnung des Sanierungsverfahrens scheint ein Buchwert der Aktiva von 2,8 Milliarden Euro bzw. ein Liquidationswert von 314 Millionen Euro und Schulden von 5,3 Milliarden Euro auf. Wie ist dieser Vermögensverfall in Milliardenhöhe innerhalb weniger Monate erklärbar und wie kann es sein, dass der Liquidationswert von Immobilien nur 11 % des Buchwertes beträgt?
  4. Kann es sein, dass der Liquidationswert nur deshalb so gering angenommen wurde, weil bei einer realistischen Schätzung die „Gefahr“ besteht, dass die Gläubiger eine höhere Quote verlangen würden?
  5. Inwieweit haben die Aufsichtsorgane, insbesondere jene, die gleichzeitig als Berater tätig waren, ihre Sorgfaltspflicht verletzt und werden bejahendenfalls Ersatzansprüche gegen diese geltend gemacht?
  6. Wurde die Insolvenzeröffnung rechtzeitig beantragt?
  7. Stellen die Repräsentationskosten (Privatjet, Jagd, Helikopter etc.) einen übermäßigen Aufwand im Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gesellschaft dar („fahrlässige Krida“)?

Der Fall Signa ist ein weiteres Sittenbild der österreichischen Verhältnisse. Die Verflechtung zwischen Politik, Macht und Geld garantiert den Benko‘s dieser Welt sagenhafte Gewinne, während die Allgemeinheit zur Kasse gebeten wird. Auch wenn jetzt der „Wunderwuzzi“ in den Schlagzeilen steht – bei Annahme des Sanierungsplanes erfolgt eine Entschuldung von 70 %. Und wenn dann plötzlich die Liegenschaftsprojekte doch viel wertvoller sind, als im Insolvenzantrag angenommen, können sich die Eigentümer wieder auf Milliardengewinne freuen.

Der Fall Signa könnte eine Zeitenwende in der Abwicklung von Sanierungsverfahren einleiten. Voraussetzung dafür wäre eine schonungslose Aufklärung der Vorfälle. Zu befürchten ist, dass es die Netzwerke zu verhindern wissen, dass obige Fragen professionell beantwortet werden und somit auch die Zukunft der Abkassierer sicherstellen.