Amerika First

Das Herzstück der Politik des US Präsidenten Donald Trump war der Slogan „Amerika First“. Zuerst kommen die Interessen Amerikas und dann der Rest der Welt.

Der Ukraine Krieg ist ein trauriges Musterbeispiel für den amerikanischen Unipolaritätsanspruch. Der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat das Ziel der Amerikaner ausgesprochen: Russland so zu schwächen, dass es zukünftig geopolitisch keine Rolle mehr spielt. Daher wird die USA der Ukraine jetzt weitere 33 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen; 20 Milliarden Dollar davon als Militärhilfe. Der russische Außenminister Sergej Lawrow spricht in diesem Zusammenhang von einem Stellvertreterkrieg und kündigt entsprechende Gegenmaßnahmen an.

Auch Deutschland und andere EU-Länder haben jetzt den Beschluss gefasst, an die Ukraine schwere Waffen zu liefern. Gestützt auf das Völkerrecht hegt man die Hoffnung, dass Russland die Lieferungen von Angriffswaffen nicht als Kriegseintritt sieht. Das wäre nämlich der Beginn eines gesamteuropäischen Krieges.

Sieger dieser Eskalation ist die USA. Sie liefert zukünftig das unter massiven Umweltschäden gewonnene Fracking Gas zu einem Preis, der um ein Vielfaches höher ist als jenes, welches Europa zur Zeit noch von Russland über Pipelines bezieht. Die Waffenlieferungen führen zu einem gigantischen Auftragsboom für amerikanische Rüstungskonzerne und eine allfällige Eskalation des Krieges würde in Europa und nicht in Amerika stattfinden.

Die EU setzt den Kurs, den Washington vorgibt, eins zu eins um. Eine Abwägung der unterschiedlichen Interessenslagen findet nicht statt. Dass man dabei unweigerlich in eine Katastrophe steuert, wird in Brüssel nicht thematisiert.

Diese Strategie bedeutet, dass der Krieg solange geführt werden muss, bis die Ukraine Russland besiegt.

Was ist aber, wenn diese Rechnung nicht aufgeht? Dann wird Europa zum Kriegsschauplatz. Der russische Präsident Wladimir Putin hat bereits als Reaktion auf die Lieferung von schweren Waffen Blitzangriffe gegen die Unterstützer angekündigt. Auch wenn es nicht so weit kommt, kann der Kreml als Gegenmaßnahme die Gaslieferungen in die EU einstellen. Das würde zu einer Massenarbeitslosigkeit und Depression führen. Spätestens dann würde sich herausstellen, dass die Ankündigungen von Von der Leyen & Co. nicht der Realität entsprechen, da namhafte Energieexperten bereits nachgewiesen haben, dass man bis Ende dieses Jahres nicht einmal ansatzweise in der Lage ist, zwei Drittel der Gasexporte aus Russland durch andere Quellen zu substituieren.

Aber auch wenn Russland weiterhin Gas liefert, leiden die unteren und mittleren Einkommensbezieher bereits unter dem Wirtschaftskrieg gegen Russland. Dass die Strafen gegen Russland nicht nur Europa, sondern auch aufgrund der globalisierten Vernetzung viele ärmere Länder – Hungerskatastrophen und Flüchtlingsströme inklusive – betrifft, ist vorherzusehen. Wenn man die Spirale der Sanktionen weiterdreht, muss man damit rechnen, dass die Nuklearmacht Russland alles tun wird, um das Ziel ihres irrationalen Herrschers zu erreichen.

Die derzeitige militärische und rhetorische Eskalation führt im besten Fall nur zu einer Hunger- und Inflationskrise. Amerika hat kein wirkliches Interesse an Friedensverhandlungen. Realistischerweise sind die vorhersehbaren Konsequenzen nur dann vermeidbar, wenn die EU die Rolle des Friedensvermittlers übernimmt.

Dazu gehört auch eine klare Haltung gegenüber der Ukraine, die noch bis vor dem Krieg vom EU-Rechnungshof, als Hort der Korruption- und Oligarchenmisswirtschaft, trotz 20-jähriger Unterstützung durch die EU, kritisiert wurde. Der jetzige Weg der Aufrüstung mit Angriffswaffen torpediert jedoch jegliche realistische Chance auf ein baldiges Friedensabkommen.

Conclusio: Der Wunsch Amerikas Russland zu atomisieren berücksichtigt nicht die Interessen Europas. Auch wenn die veröffentlichte Meinung dies anders sieht. Soll man Russland für immer ächten? Was kommt nach Putin im Fall einer militärischen Niederlage? Darauf gibt es keine Antworten. Wenn die USA aus geopolitischen und wirtschaftlichen Gründen einen Präventivkrieg führen, wird nicht lange nach Legitimation gefragt und spielt auch eine falsche Kriegsbegründung keine Rolle (Irakkrieg). 100.000 getötete Zivilisten waren damals in den Medien kein Aufreger. Wenn Russland Krieg führt, müssen die Sanktionen den Aggressor vernichten. Wenn man die Sache vom Ende aus denkt, schaut die Zukunft Europas ohne einen Strategiewechsel nicht rosig aus.