Amazon hat für die Errichtung eines Verteilerzentrums im Osten von Klagenfurt das Interesse an einem Grundstück im Ausmaß von 3 ha bekundet. Die Liegenschaft steht im Eigentum der Stadt. Aufgrund der bestehenden Rechtsformkonstruktion kann die Bürgermeisterin allein darüber entscheiden. Eine Zustimmung des Gemeinderates ist dafür nicht erforderlich.
Vor der Wahl wird der Ball flach gehalten. Nach der offiziellen Sprachregelung aus dem Rathaus gibt es bis jetzt nur eine Anfrage. Wenn dies tatsächlich so ist, hat man noch genügend Zeit über die Vor- und Nachteile dieser Betriebsansiedlung zu diskutieren.
Amazon ist der Marktführer des Handels im Internet. Ihr Gründer Jeff Bezos ist der reichste Mensch der Welt. In der Riege der Steueroasenprofiteure ist der Konzern mit der „Double Irish with a Dutch Sandwich“-Konstruktion vertreten. Zur Steuervermeidung werden Gewinne in Niedrigsteuerländer umgeleitet. Lizenzzahlungen werden an eine Tochtergesellschaft in Irland geleistet. Dann erfolgt eine Weiterleitung des Geldes als Tantiemen an eine Tochtergesellschaft in den Niederlanden und schließlich erfolgt eine Rücküberweisung an eine zweite Tochtergesellschaft in Irland, deren Muttergesellschaft ihren Sitz auf den Bermudas hat.
Die Staaten lassen solche Rechtskonstruktionen bis heute zu. Man will sich offensichtlich nicht mit den Oligarchen, die ihr Volk bestehlen, sowie Rauschgift-, Waffen- und Menschenhändlern in dieser Welt verscherzen.
Auch was den Marktauftritt anbelangt, ist Amazon nicht zimperlich. Gegen den Konzern hat die EU-Kommission wegen der Verfälschung des Wettbewerbes zwei Kartellverfahren eingeleitet. Der Vorwurf betrifft die Auswertung der Geschäftsdaten von unabhängigen Einzelhändlern, die ihre Produkte über den Amazon-Marktplatz verkaufen und weiters die Bevorzugung des Verkaufs eigener Amazonprodukte.
Die Marktmacht von Amazon ist der Tod vieler Einzelhändler. Dabei verlieren zigtausende qualifizierte Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz.
Eine weitere Ungerechtigkeit zwischen David und Goliath ist die Tatsache, wie Amazon seine Lieferketten organisiert. Mit der Auslieferung der Waren werden Subunternehmer beauftragt, die zum Teil wiederum die Aufträge weitergeben (Subsubunternehmer).
Kürzlich wurde von der Finanzverwaltung erstmalig eine Prüfung dieser Logistikkette vorgenommen. Das Ergebnis: Von 133 Subunternehmern gab es bei 130 Unternehmen Beanstandungen. Verstöße gegen das Sozialversicherungsgesetz, Arbeitszeitgesetz, falsche Anmeldungen usw. Die Aussage des Chefs der Finanzpolizei im O-Ton: „Ich kann mich an keine Kontrolle erinnern, bei der wir auf so viele Gesetzesübertretungen gestoßen sind. Das ist einmalig.“
Zurück zur Klagenfurter Wirtschaftspolitik. Zuerst wurde die Ansiedlung eines bekannten Familienunternehmens in der Innenstadt verhindert und dann neue Fachmarktzentren an der Peripherie genehmigt. Die Folge: Leerstand in der City. Zu dieser Entwicklung passt auch die geplante Genehmigung für die Errichtung eines Verteilungslagers. Wie in der Vergangenheit wird die Stadt vermutlich auch sämtliche Kosten für die infrastrukturelle Aufschließung übernehmen. Als Gegenleistung werden prekäre Beschäftigungsverhältnisse geschaffen. Das AMS muss dann keine Weiterbildungskurse mehr anbieten, sondern Dequalifizierungsveranstaltungen.
Darüber nachzudenken, ob die letzten Grundstücksreserven der Stadt nicht besser für einen Gewerbe- und Technologiepark genutzt werden sollten, steht nicht auf der Agenda. Die Handelsgeschäfte in Klagenfurt müssen neben der Kartellmacht der Konzerne auch zur Kenntnis nehmen, dass die Politik lieber ihre größte Konkurrenz fördert, als ihnen zu helfen.
Dass die Geschäftsführerin des Stadtmarketings davon spricht, dass jede Betriebsansiedlung positiv ist und auch der Wirtschaftsstadtrat sich für die Errichtung eines Verteilerzentrums ausspricht und fordert, dass man bei Amazon in Klagenfurt die Arbeitsbedingungen kontrollieren müsse, bedarf keines weiteren Kommentars. Das Denken in Alternativen ist in Klagenfurt ein Fremdwort.