Für den jetzigen Beteiligungsreferent des Landes Kärntens Martin Gruber war die Privatisierung des Flughafens in Klagenfurt – ebenfalls wie auch für die damals zuständige Finanzreferentin Gaby Schaunig – alternativlos. Das deutsche Unwort des Jahres 2010 als Rechtfertigung für gravierende Fehler bei der Transaktionsabwicklung.
In Wirklichkeit war und ist die Privatisierung des Flughafens kein Anwendungsfall von TINA (there is no alternative).
Die öffentliche Hand hat für die Führung des Flughafens einen strategischen Partner gesucht. Nachdem der erste Versuch, den Flughafen in Klagenfurt im Jahr 2015 ohne Ausschreibung zu privatisieren, scheiterte, wurde im Jahr 2017 ein zweiter Anlauf gestartet. Bei diesem gab es nur ein gültiges Angebot von Lilihill. Obwohl es sich dabei nicht um einen strategischen Partner gehandelt hat und der vorgelegte Strategieplan von der Bewertungskommission nur mit 48 Punkten von möglichen 200 Punkten bewertet wurde, kam es zum Vertragsabschluss.
Zur Abwicklung des Privatisierungsvorganges:
Bereits im Jahr 2015 haben im Auftrag der Kärntner Beteiligungsverwaltung zwei Beratungsunternehmen eine indikative Bewertung der Flughafengesellschaft vorgenommen. Es handelte sich um eine interne Berechnung bzw. Wertorientierung und nicht um eine Unternehmensbewertung wie sie üblicherweise anlässlich eines Verkaufsprozesses vorgenommen wird. Diese Einschränkung wurde von den Auftragnehmern der Kärntner Beteiligungsverwaltung explizit mitgeteilt: „Die Bewertungsergebnisse stellen keine Grundlage für etwaige konkrete Transaktions- und Finanzierungsentscheidungen dar und für eine Bewertung der Flughafengesellschaft bedarf es einer voll umfänglichen Unternehmensbewertung”.
Auftragsgemäß blieben bei der indikativen Bewertung die Verkehrswerte der nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften außer Ansatz. Von den Beratern wurde eine separate Bewertung durch einen Immobiliensachverständigen empfohlen. Als Alternative wurde die Herausnahme (Abspaltung) des Grund und Bodens vor einer Transaktion vorgeschlagen.
Die nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften im Ausmaß von 51 ha wurden von einem Sachverständigen im Jahr 2015 mit einem Verkehrswert von 28 Millionen Euro geschätzt. Im Stadtentwicklungskonzept wird die größte zusammenhängende Fläche, die sich südwestlich vom Flughafenareal befindet, als Baulandreserve ausgewiesen.
Im Beteiligungsvertrag haben sich die Altgesellschafter (Land Kärnten unter Stadt Klagenfurt) zur Umsetzung des Strategieplanes von Lilihill, der ebenfalls bis dato der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben wurde, verpflichtet, für den Verkauf der nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften ihre Zustimmung zu erteilen (Punkt 4.2.). Die Feststellungen im Prüfbericht des Landesrechnungshofs zu dieser Verpflichtung sind alles andere als beruhigend: „Mit dem Bekenntnis zum Strategieplan haben die Altgesellschafter dem Investor (Lilihill) bereits die Zustimmung zur zeitlich uneingeschränkten Verfügung der Gesellschaft über das Anlagevermögen und damit auch über die nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften zugesichert”(TZ 55.4).
Und zum Deal an und für sich führt der Landesrechnungshof aus: Schlussendlich übernahm der Investor durch sein eingebrachtes Beteiligungskapital im Ausmaß von 8,1 Millionen Euro einen Gesellschaftsanteil der Flughafengesellschaft in der Höhe von 74,9 %. Eine Plausibilisierung der Angemessenheit des Beteiligungskapital des Investors anhand der Unternehmens- und Grundstücksbewertungsgutachten war nicht dokumentiert. Eine nachvollziehbare Beurteilung der Preiskomponente seitens der Kärntner Beteiligungsverwaltung fehlte” (TZ 65.1).
Wenn der Landesrat Martin Gruber einen Wohnbau am Flughafen ausschließt und ausführt, dass der Flughafen dem Land nichts kostet (Interview in der Kleinen Zeitung vom 3. Oktober 2019), irrt er gleich zweimal: Einerseits wird im Masterplan aus März 2017 (Flughafen Klagenfurt Randflächenpotenzial Masterplan) ausgeführt, dass im südwestlichen Bereich des Flughafenareals im Ausmaß von 24 ha eine Wohn- und Schrebergartennutzung vorstellbar ist – ganz abgesehen von dem verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsrecht und der daraus ableitbaren Baufreiheit – und andererseits, dass sich sowohl das Land Kärnten als auch die Stadt Klagenfurt im Beteiligungsvertrag verpflichtet haben, auch nach der Privatisierung ihre Förderzusagen – 4,1 Millionen Euro an nicht rückzahlbaren Zuschüssen in den Jahren 2018 und 2019 – zu leisten. Alles nachlesbar im Bericht des Landesrechnungshofes (TZ 66.1.).
Da auch die Call Option (Rückabwicklung) vor der Öffentlichkeit geheim gehalten wird, sind die Ausführungen im Prüfbericht zu diesem Punkt mehr als spannend. Dem Land Kärnten und der Stadt Klagenfurt wurde nämlich das Recht eingeräumt, innerhalb von zehn Jahren die Gesellschaftsanteile von Lilihill zurückzukaufen, wenn das Passagieraufkommen im Jahr 100.000 unterschreitet und zwar um je ein Zehntel der von Lilihill aufgebrachten Mittel pro Beteiligungsjahr. Dieses Recht sichert die Betriebspflicht des Privatinvestors. Wenn zum Beispiel im Jahr 2021 die Passagierzahl unterschritten wird, beträgt der Abtretungspreis 2,4 Millionen Euro (30 % von 8,1 Millionen Euro). Werden somit die Zusicherungen gemäß dem Strategieplan nicht umgesetzt, haben die Altgesellschafter die einmalige Chance, den Privatinvestor mit einem Bruchteil seines Kapitaleinsatzes abzufinden und wieder im Cockpit Platz zu nehmen. Wenn sie dann die nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften verkaufen, stehen der Flughafengesellschaft insgesamt Eigenmittel von rund 40 Millionen Euro zur Verfügung. Genügend Kapital um die To-do-Liste am Flughafen unter Berücksichtigung der neuen Rahmenbedingungen durch die COVID-19 Pandemie abzuarbeiten.
Es ist nicht alternativlos
- einen Flughafen zu privatisieren, wenn die Suche nach einem strategischen Partner erfolglos war,
- der einzige Interessent keinen Kaufpreis bezahlt und sein Entwicklungskonzept nur 48 von 200 Punkten erreichte,
- die nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften, wie von den beigezogenen Beratern empfohlen, vor der Privatisierung ausgeschieden werden und
- die Entscheidung ohne einer klassischen Unternehmensbewertung vorgenommen wird.
Alternativlos ist nur die Einforderung der vertraglich fixierten Aktivitäten durch den Privatinvestor und im Falle der Nichterfüllung die Ausübung der vertraglich eingeräumten Call Option (Rückabwicklung).