Das wirtschaftliche Ergebnis der Corona-Krise auf den Punkt gebracht: Wer gesund ist, dem wird geholfen, wer Schwierigkeiten hat, bleibt auf der Strecke.
Die Bundesregierung verlautbart seit Wochen mantramäßig, dass sie Maßnahmen beschließt, die vor allem jene unterstützen sollen, die von der Krise besonders betroffen sind. Das klingt vernünftig, die Realität schaut jedoch anders aus. Sowohl die Mittel des Hilfsfonds als auch die aws-Garantien können nur dann beansprucht werden, wenn es sich bei den Antragstellern um finanziell gesunde Unternehmen handelt. Das schließt jene von einer Hilfestellung aus, die sich schon vor der Krise in einer schwierigen Situation befunden haben und durch diese nunmehr den Todesstoß bekommen. Es handelt sich hierbei vor allem um Klein- und Mittelbetriebe, für die de facto nur die Mittel des Härtefallfonds zur Verfügung stehen, und reichen diese – maximal je EUR 2.000 für drei Monate – bei weitem nicht aus, um die Krise zu überstehen. Mit massenhaften Insolvenzen, Betriebsschließungen und Arbeitslosen ist zu rechnen.
Wenn jetzt nicht sofort eine Nachbesserung der Förderungskriterien umgesetzt wird, ist es offensichtlich, dass Kurz & Co auch in dieser für viele existenzbedrohlichen Situation die Interessenslagen der Konzerne im Fokus haben und nicht jene, die die Hilfe am meisten benötigen. Es geht nicht darum, hoffnungslose Fälle über Wasser zu halten, sondern den KMU einen Ausgleich für den Verlust, der durch die Betriebsschließungen entsteht, zu gewähren.
In Österreich weisen die meisten Klein- und Mittelbetriebe ein negatives Eigenkapital auf. Diese fallen beim Corona-Hilfsfonds (Euro 15 Milliarden) durch den Rost, da sie bei der Bonitätsprüfung als ungesund einzustufen sind. Dabei kann der Umstand einer buchmäßigen Überschuldung verschiedene Ursachen haben, wie beispielhaft auf Verluste im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung oder aufgrund nicht aktivierungsfähige Entwicklungskosten zurückzuführen sein. Die Wirtschaftsberater des Bundeskanzlers, die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung sind offensichtlich Lobbyisten der Großen. Diese werden wie die Geier die Fördermittel verschlingen, was dazu führt, dass nach der Krise nicht nur die Schere zwischen Reich und Arm weiter auseinander geht, sondern auch, dass der ungesunde Konzentrationsprozess in der Wirtschaft beschleunigt wird.
Bei einer solchen Geisteshaltung ist es auch nicht verwunderlich, dass man dem Treiben der Lebensmittelkonzerne, die in Ausnutzung ihrer Position plötzlich massenhaft Non Food Produkte verkaufen, zugeschaut hat und jetzt als Erfolg ausgibt, dass sich diese freiwillig ab Karsamstag – somit nachdem die gesamte Ostersaison gelaufen ist – selbst beschränken. Dass man dabei die kleinen Mitbewerber schädigt, wird offensichtlich als Kollateralschaden von der Regierung akzeptiert. Das Motto lautet: „The Winner Takes It All“.
Verwunderlich ist, dass diese einseitige Bevorzugung der Großen in den Medien zu keinem Aufschrei führt. Dies ist das Ergebnis einer noch nie da gewesenen Message-Control. Kommentarlos werden die Botschaften der türkis-grünen Koalition veröffentlicht, und zwar ohne kritische Hinterfragung. Als Belohnung für diese journalistische Gefolgschaft gibt es eine staatliche Corona-Unterstützung für die Medien, und zwar in Abhängigkeit ihrer Auflagenstärke. Das freut vor allem den Boulevard und die Gratisblätter. Auch in diesem Fall wird nach außen hin transportiert, dass dies zur Vielfalt der Medienlandschaft beitragen soll, während das Unterstützungsprogramm genau das Gegenteil bewirkt.
„Wer schnell hilft, hilft doppelt“ (Finanzminister Gernot Blümel). Wer so hilft, hilft den Großen doppelt und den Kleinen gar nicht – das ist hinter den Masken der Krisenakteure die Realität. Wer das Rückgrat der Wirtschaft bricht, muss damit rechnen, dass auch die Gesellschaftsordnung in die Brüche geht und die damit einhergehenden Disruptionen den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden.
Die Corona Krise darf nicht zu einer ungerechten Umverteilung führen und die Schwachen eliminieren. Was im Gesundheitsbereich gilt, gilt auch für den Wirtschaftsbereich. Wer gegen diese Binsenweisheit verstößt, sei an den Ausspruch des Nationalökonomen John Maynard Keynes erinnert: „In the long way, we are all dead.“ Noch ist Zeit zum Umdenken, bevor sich die Verhältnisse der Weltwirtschaftskrise der Dreißigerjahre wiederholen.