Fragen und Antworten zur “Avation City”

Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Der Immobilieninvestor Franz Orasch hat das alternativlose Entwicklungskonzept für den Flughafen Klagenfurt vorgestellt: Die “Avation City”.

Die nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften der Flughafengesellschaft im Ausmaß von 48,6 ha sollen um EUR 17,8 Millionen an eine Gesellschaft des Immobilienentwicklers verkauft werden. Ist dies nicht der Fall, wird es den Flughafen nicht mehr geben. Geplant ist, dass die neue Immobiliengesellschaft des Herrn Franz Orasch um EUR 450 Millionen einen Nahversorger, ein Hotel, einen Logistik- und Technologiepark, ein IT-Rechenzentrum, eine Hochgarage und eine PV-Anlage errichtet (“Avation City”). Nach dem Scheitern des Versuchs, 99,9 Prozent der Flughafengesellschaft zu erwerben, ein neuerlicher Anlauf, um über die wertvollen Liegenschaften im Speckgürtel der Landeshauptstadt allein verfügen zu können.

Welche Vor- oder Nachteile dieses Modell für die öffentliche Hand (Land Kärnten und Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee) mit sich bringen würden, wird anhand der tieferstehenden Fragen und Antworten erörtert:

1. Gibt es eine Notwendigkeit, zum jetzigen Zeitpunkt die nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften zu verkaufen?

In Punkt 4.2. des Beteiligungsvertrages vom 12. Juli 2018 wurde festgehalten, dass sich die Gesellschafter der Flughafengesellschaft verpflichten, die nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften zu veräußern, um brachliegendes Kapital für die zukünftige Geschäftsentwicklung der Flughafengesellschaft zu mobilisieren. Da die Flughafengesellschaft für das nächste Jahr nur Investitionen in der Höhe von EUR 3,8 Millionen plant, ist es nicht erforderlich, dass die nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften jetzt verkauft werden. Die Finanzierung der Investitionen kann entweder aus den vorhandenen liquiden Mitteln oder durch Erhöhung des Eigenkapitals vorgenommen werden.

2. Wie wurde der Kaufpreis für die nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften ermittelt und ist dieser angemessen?

Bei dem geplanten Verkauf handelt es sich um ein Insichgeschäft, bei welchem die Compliance Vorschriften einzuhalten sind. Laut einem Gutachten, welches die Flughafengesellschaft in Auftrag gegeben hat, beträgt der Verkehrswert der zum Verkauf stehenden Liegenschaften EUR 17,8 Millionen. Es hat weder eine öffentliche Ausschreibung noch ein professionelles Verwertungsverfahren gegeben. Offensichtlich deshalb, weil der Käufer bereits nach dem Wunschgedanken von Herrn Franz Orasch bereits feststeht.

Bei der Bewertung von Liegenschaften kommt es auf die Nutzung derselben an. Gegenständlich ist davon auszugehen, dass der Käufer damit rechnet, dass er die entsprechenden Widmungen erhält und das Immobilienprojekt umsetzen kann. Der geplante Kaufpreis soll rd. EUR 37,00/m² betragen. Offensichtlich erfolgte die Bewertung der Liegenschaften unter Zugrundelegung des Status quo und nicht unter Berücksichtigung der Umwidmung, da nämlich Grundstücke in dieser Lage zwischen Euro 200,00 und Euro 400,00/m² gehandelt werden. Wie das die Entscheidungsträger der öffentlichen Hand gegenüber dem Steuerzahler erklären wollen, wenn der Deal unter diesen Voraussetzungen zustande kommt, wird spannend. Ebenfalls warum diese aus den Fehlern der Vergangenheit und Kritik durch den Landesrechnungshof nichts gelernt haben. Auch die Teilprivatisierung wurde ohne Ermittlung eines Unternehmenswertes durchgezogen.

3. Ist das “Avation City”-Projekt aus der Sicht der Flughafengesellschaft alternativlos?

Nein, weil die Flughafengesellschaft in den nächsten Jahren die nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften entwickeln kann und zur Umsetzung des vom Investor vorgelegten Strategieplanes Teile der Liegenschaften verkaufen bzw. den Investoren ein Baurecht einräumen könnte. So war es auch ursprünglich geplant.

4. Was passiert, wenn der Flughafen geschlossen wird?

Im Beteiligungsvertrag sind zwei Bestimmungen vorgesehen, damit sichergestellt ist, dass die Lilihill Group auch den Flughafen tatsächlich betreibt: Die Call Option (Punkt 12) und die Liquidation Preference (Punkt 13). Erstere sieht vor, dass bei Nichterreichung einer Passagierzahl von 100.000 im Jahr die Alteigentümer (Land Kärnten und Landeshauptstadt Klagenfurt) das Recht haben, den Vertrag rückabzuwickeln, wobei der Investor – je nach dem Zeitpunkt der Auflösung – nur mehr einen Teil seines eingesetzten Kapitals zurückerstattet bekommt. Letztere hält fest, dass im Falle der Liquidation der Gesellschaft den Altgesellschaftern der gesamte Erlös aus der Verwertung der Liegenschaften zusteht. Wenn nunmehr vorher die wertvollen Liegenschaften zu einem Kaufpreis verkauft werden, der offensichtlich ohne Berücksichtigung der Widmungen ermittelt wurde, wird die Position der Altgesellschafter erheblich verschlechtert.

Zur Schlussfolgerung: Offensichtlich will Franz Orasch den Immobiliendeal ohne den Altgesellschaftern durchziehen. Untermauert wird dies mit der Alternativlosigkeit. Aus der Sicht der öffentlichen Hand ist das Projekt des Privatinvestors keine Alternative, weil einerseits der Kaufpreis bei entsprechender Widmung nicht einmal annähernd den Marktverhältnissen entspricht und andererseits sich die Position der Altgesellschafter wesentlich verschlechtert. Im Falle der Rückabwicklung kann die Flughafengesellschaft nicht auf die wertvollen Liegenschaften zugreifen; im Falle der Liquidation verringert sich der Verkaufserlös für die verbleibenden Liegenschaften, der den Altgesellschaftern als Vorweggewinn zufließt.

Eine Verpflichtung zum Verkauf der Liegenschaften liegt ebenfalls nicht vor, weil die Flughafengesellschaft in der Lage ist, die geplanten Investitionen selbst zu finanzieren. Nur am Rande sei vermerkt, dass bis heute nicht bekannt ist, welche konkreten Maßnahmen zur Erhöhung der Passagierzahlen geplant sind. Der Bau einer Hochgarage, eines Hotels und einer PV-Anlage ist für einen Immobilienentwickler ein lukratives Geschäft. Ob sich dadurch die Frequenz am Flughafen Klagenfurt erhöht, ist eine andere (unbeantwortete) Frage.

Franz Orasch hat wieder einmal Druck aufgebaut. Es liegt nunmehr bei den Verantwortlichen der öffentlichen Hand, Gegendruck aufzubauen, und zwar in der Art und Weise, dass man die Umsetzung des dem Beteiligungsvertrag zugrunde liegenden Strategieplanes einfordert, welcher auch ohne Verschleuderung von Vermögen der Flughafengesellschaft möglich ist. In Zeiten wie diesen daran zu denken, Liegenschaftsvermögen zu verkaufen, ist sowieso schleierhaft.

Vor dem Grundstücksdeal zu diesen Konditionen und ohne Ausschreibung sollten die handelnden Personen prüfen, ob sie den Ansprüchen der Sorgfaltspflicht entsprechen (Business Judgement Rule). Die sozialdemokratisch dominierte Politik in Kärnten erinnert an das Matthäus Evangelium: “Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben. Wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.”