Politische Verantwortung: Eine Fata Morgana

Der Urknall des Hypo-Debakels war die Landtagssitzung am 22. April 2004. In dieser haben alle Landtagsabgeordneten dafür gestimmt, dass das Land für die Schulden der Hypo ohne Begrenzung und auch für die Rechtsnachfolger haftet. Die im Begutachtungsverfahren geäußerten Bedenken wurden nicht ernst genommen. So hat die Wirtschaftskammer Kärnten die Konsequenzen eines Schlagendwerden der Haftungen für das Land Kärnten thematisiert. Hingewiesen wurde auf das nicht quantifizierbare Risiko und das Fehlen einer Regelung für den Fall, dass sich die Eigentumsverhältnisse an der Bank ändern.

Die Finanzmarktaufsicht hatte ähnliche Bedenken und schlug vor, dass im Falle der Rechtsnachfolge die Haftung für das Land Kärnten einzuschränken wäre.

In der gleichen Tonart hat sich auch der unabhängige Verwaltungssenat Kärnten zum Gesetzesentwurf zu Wort gemeldet. Die Größenordnung des Haftungsrisikos ist nirgends umschrieben und wäre zumindest eine Risikobewertung der zu über­nehmenden Haftungen vorzunehmen.

Diese massiven Bedenken wurden in der Landtagssitzung nicht einmal ignoriert. Auch hat sich kein Abgeordneter daran gestoßen, dass in den Erläuternden Bemerkungen zum Gesetzesentwurf darauf verwiesen wurde, dass die Höhe des finanziel­len Risikos für das Land nicht abschätzbar sei.

Die Haftungsübernahme war die Rechtfertigung für die Notverstaatlichung. Der Bund argumentierte dies damit, dass ohne seiner Hilfe die Gefahr bestand, dass er für das Land Kärnten einspringen muss, da zum damaligen Zeitpunkt die Landeshaftung 20 Milliarden Euro betrug.

Das gesamte Hypo-Abenteuer wird dem Steuerzahler zwischen 7 und 8 Milliarden Euro kosten. Es stellt sich die Frage, warum unsere Vertreter im Landtag ein Gesetz trotz massiver Bedenken einstimmig beschlossen haben, ohne dass irgendjemand für die Folgen verantwortlich ist.

Den Rahmen dafür bietet Artikel 24 der Kärntner Landesverfassung. Dieser sieht vor, dass die Mitglieder des Landtages wegen der in Ausübung ihres Berufes geschehenen Abstimmungen niemals verantwortlich gemacht werden dürfen. Ein Persilschein für die Verschleuderung von Volksvermögen ohne rechtlicher Konse­quenz.

Wer glaubt, dass aufgrund der Erfahrungen mit der Hypo nunmehr im Zuge der Novellierung der Kärntner Landesverfassung eine Verantwortung für Landespolitiker aufgenommen wurde, irrt. Nicht einmal der Hausverstand gilt als Sorgfaltsmaßstab, wenn die Landespolitiker über fremdes Vermögen bestimmen.

Politische Verantwortung in der Praxis heißt: Den Steuerzahler zur Kassa zu bitten. Wenn nicht einmal die Hypo-Dimension zu einer Diskussion über die fehlende Ver­antwortlichkeit der politischen Mandatare führt, muss man als Staatsbürger zur Kenntnis nehmen, dass die Verschleuderung von Volksvermögen sanktionslos bleibt. Gesetze gelten für alle, nur nicht für diejenigen, die sie beschließen. Jeder Geschäftsmann muss sich dafür verantworten, wenn er bei Verfügungen über fremdes Vermögen die notwendige Sorgfaltspflicht außer Ansatz lässt.

Conclusio: Wenn die Abgeordneten zivil- und strafrechtlich nichts zu befürchten haben, können sie sanktionslos zu Lasten Dritter (Steuerzahler) agieren. Anstatt im Zuge der Kärntner Verfassungsreform diesen Webfehler des politischen Systems zu beseitigen, hat man die eigene Privile­gierung nicht angetastet. Kein Wunder, wenn die gleichen Personen auf der Kommandobrücke stehen, dass diese auch zukünftig für ihre Handlungen nicht belangt werden sollen.

In Kärnten trägt nur der verstorbene LH Jörg Haider die Schuld – das ist die offizielle Sprachregelung zwischen der Dreier Koalition und den Medien. Auch so kann man Realitätsverweigerung betreiben und die wahre Ursache des Hypo-Desasters, die die Zukunftsaussicht des Landes nachhaltig geschädigt hat, verschleiern.