Bleibt die Verschleuderung von Staatsvermögen immer sanktionslos?

Bildergebnis für dagobert duckWer als Entscheidungsträger in der Privatwirtschaft über fremdes Vermögen verfügt und dabei die gebotene Sorgfaltspflicht außer Acht lässt, erfüllt den Tatbestand der Untreue. Strafrahmen: Bis zu 10 Jahre Haft.

Wer hingegen als politischer Entscheidungsträger die Maßstäbe der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit missachtet, hat de facto nichts zu befürchten: Er nimmt lediglich die Steuerzahler in Geiselhaft. Gehandelt wird nach dem Prinzip der Verantwortungslosigkeit, und gehören daher öffentliche Vermögensverschleude­run­gen zur Tagesordnung. Beispiele aus der Praxis:

 

Verkauf der Hypo Group Alpe Adria

Im Rahmen der Hypoabwicklung wurde das Herzstück der Bank, die Hypo Balkan­banken verkauft. Der Kaufpreis betrug 50 Millionen Euro. Dem stand ein von Alt­lasten bereinigtes Eigenkapital zum 31. Dezember 2015 in der Höhe von 752,6 Milli­o­nen Euro gegenüber (Kernkapitalquote: 21 %; zum Vergleich Raiffeisengruppe: 12,2 %).

Als zusätzliche Goodies für die Käufer hat sich die Heta verpflichtet, auf 325 Millio­nen Euro aus der Refinanzierungslinie zu verzichten (Käufer-Brush-Option) und noch notleidende Assets in der Höhe von 223,3 Millionen Euro zu übernehmen. Hinzu kam nunmehr noch ein weiterer Nachlass von 250 Millionen Euro, weil die Addiko Bank (vormals Hypo Group Alpe Adria) die restliche Finanzierungslinie vor­zeitig – vertraglich vorgesehen war Ende 2022 – zurückzahlt und dafür einen Abschlag von knapp 25 % erhält.

Die Rechnung für die Heta: Abgangsverlust in der Höhe von 1,8 Milliarden Euro.

Die Rechnung für den US-Fonds Advent International und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, die die Anteile an der Hypo Group Alpe Adria erwor­ben haben: 50 Millionen Euro für den Erwerb der führenden Bankengruppe in Süd­osteuropa, die nach der Auslagerung der notleidenden Kredite und der gewährten Nachlässe über ein Eigenkapital von knapp 1,5 Milliarden Euro verfügt. Der Kauf­preis betrug somit unter dem Strich lediglich 3,3 % vom Eigenkapital. Im Hypo-Unter­suchungsausschuss stand die Überprüfung dieser Transaktion nicht einmal auf der Tages­ordnung.

 

Landeshaftung

Unsere Politiker im Kärntner Landtag haben am 22. April 2004 den einstimmigen Beschluss gefasst, die Haftung des Landes für die Schulden der Hypo in unbegrenz­ter Höhe zu übernehmen. Ob LH Peter Kaiser oder Land­tagspräsident Reinhart Rohr – sie waren alle mit dabei. Die Übernahme der unbe­grenzten Haftung erfolgte trotz massiver Bedenken der Wirtschaftskammer Kärnten und der Finanzmarktaufsicht, in ihren Stellungnahmen zum Gesetzesent­wurf. Für die Abgeordneten im Kärntner Landtag waren diese Einwände kein Thema. Der fehlende Hausverstand und die mangelnde Fachkompetenz haben die Frage nach den Konse­quenzen des Schlagendwerdens der Haftung ausgeblendet.

Die Aussage des LH Peter Kaiser „Wir müssen ausbaden, was die anderen ange­richtet haben“ ist in Anbetracht der Faktenlage in der Vergangenheit ein Fall für die psychiatrische Couch (Krankheitsbild: Persönlichkeitsspaltung).

Das Land Kärnten hat nach der Verstaatlichung auch nicht von seinem einseitigen Recht Gebrauch gemacht die Haftung aufzukündigen, obgleich die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür vorlagen. Die Kontrollrechte wurden unzulässigerweise ein­geschränkt, und war das Land seit dem Verkauf der Anteile an der Hypo an die BayernLB nur mehr Zaungast.

Rechtsexperten haben die Rechtsgültigkeit der Landeshaftung angezweifelt. Aus diesem Grunde wurde im Landtag im März 2006 der Beschluss gefasst, die Recht­mäßigkeit dieser Haftung zu überprüfen. Bis dato ist nicht bekannt, ob überhaupt eine Überprüfung stattfand bzw. zu welchem Ergebnis diese geführt hat.

Fest steht nur, dass unsere Landespolitiker in Wien aufgrund der schwarzen Weste aus der belastenden Vergangenheit nichts zu plaudern hatten und mit der Höchst­strafe bedient wurden: Finanzminister Schelling hat die gesamte Finanzierungslast, die für die Befriedigung der Hypogläubiger erforderlich war, dem Land Kärnten auf­gebürdet. Wenn jetzt trotz der Vermögensverschleuderung mehr herauskommt, als ursprünglich angenommen, wird der Finanzminister das Körberlgeld dankend annehmen.

Die fehlenden 1,2 Milliarden Euro in der Hetakassa werden vom Kärntner Steuer­zahler beigesteuert. In Anbetracht der multiplen Fehler, die sich der Bund nach der Verstaatlichung geleistet hat – Gründung einer Bad Bank, Vermögensver­schleuderung und Selbstbedienungsladen (Beratungshonorare etc.) –, ist diese Last­verschiebung nur mit der Erbsünde unserer Politiker (Beschluss Landeshaftung) zu erklären.

Selbstbedienungsladen Klagenfurt am Wörthersee

Ob Tiefgarage oder Wörthersee Schifffahrt – in der Landeshauptstadt wird schon seit Jahren eine Politik der Vermögensverschleuderung betrieben.

Der Baurechtsvertrag mit der Familie Unzeitig betreffend der Parkgarage am Neuen Platz wurde mehrmals – zuletzt im Jahr 2008 – ohne Gegenleistung verlängert. Fazit: Anstatt die jährlichen Mieteinnahmen in Millionenhöhe selbst zu kassieren – ab dem Jahr 2002 hätte die Garage entschädigungslos in das Eigentum der Stadt über­tragen werden sollen – verzichtet man lieber zugunsten eines Privatinvestors.

Und weil in Klagenfurt alles so leicht vom Bürger in das Privateigentum flutscht, ist es auch nicht verwunderlich, dass die Stadtwerke ihre Anteile an der Wörthersee Schiff­fahrt samt der Werft an den Unternehmer Martin Ramusch verramscht haben. Ohne Ausschreibung und zu einem Freundschaftspreis. Um kolportierte 35.000 Euro wurde das Baurecht betreffend der Werft übertragen. Wer die Preise am Wörther­see kennt, kann die Vermögensverschleuderung beziffern.

Conclusio: Einzelne machen enorme Profite, die zu Lasten der Allgemeinheit gehen. Die politischen Entscheidungsträger spielen dabei die Rolle der Beitragstäter. Aus ihrer Sicht haben sie bei der Veruntreuung von Volksvermögen nichts zu befürchten, weil sie de facto nicht zur Rechenschaft herangezogen werden. Der Kärntner Wand­lungsprozess in der Hypoaffäre „Vom Saulus zum Paulus“ geht zu Lasten ganzer Generationen.

Ist die de facto Privilegierung der politischen Machthaber alternativlos? Nein! Würde die Justiz nur einmal so viel Engagement, wie sie zurzeit in den BZÖ-Wahlkampf­broschürenprozess steckt, in welchen es um einen Schaden von 5.000,00 Euro (in Worten: fünftausend) geht, auch bei anderen Geschäftsfällen auf­bringen, deren Schaden um mehrere Nullen höher ist, so könnte die in der Praxis vorherrschende Privilegierung der Entscheidungen der politischen Mandatare der Vergangenheit angehören. Das würde nicht nur zu einer Rechtshygiene führen, son­dern auch den Steuerzahler entlasten und weitere Handlangergeschäfte verhindern.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft könnte einmal ein Zeichen setzen; wenn da nicht das Weisungsrecht und die politische Realverfassung ein Wörtchen mitreden würden. Aufgrund dieses „Rettungsschirms“ gibt es für die politi­schen Akteure keinen Anlass, von den profitablen Geschäften zulasten Dritter Ab­stand zu nehmen.

PS.: Wenn es stimmt, dass die Notverstaatlichung deshalb erfolgte, damit das Land Kärnten nicht zahlungsunfähig geworden wäre, dann entspräche dies dem Tatbe­stand der „fahrlässigen Krida“. Die Übernahme einer Haftung ohne betragsmäßiger Begrenzung steht im auffallenden Widerspruch zur wirtschaftlichen Leistungsfähig­keit des Landes (Landesbudget: 2,2 Milliarden Euro; Haftungsübernahme: 25 Milliar­den Euro) und entspricht nicht den Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens; sie stellt eine grob fahrlässige Beeinträchtigung der Interessen der Steuerzahler dar (§ 159 Abs 3 StGB). Bis dato blieb die Geiselhaft der Kärntner Steuerzahler für die politi­schen Machthaber jedoch sanktionslos. Warum wohl?