Die EU-Energieminister haben sich bei ihrem Treffen in Brüssel angesichts hoher Energiepreise auf eine Gewinnabschöpfung geeinigt. Bis Ende Juni 2023 müssen Produzenten von billigem Strom aus erneuerbaren und anderen Quellen einen Teil ihrer Krisengewinne an den Staat abgeben. Weiters werden Raffinerien sowie Öl- und Gasunternehmen zur Bezahlung einer Solidaritätsabgabe verpflichtet. Mit dem Geld sollen Entlastungen für Bürger und Unternehmen finanziert werden.
Das Ergebnis ist nicht überraschend. Anstatt die Regeln am Strommarkt zu adaptieren, wurden lediglich die Symptome gemildert und nicht die Ursachen beseitigt. Markteingriffe sind für die EU auch in Krisenzeiten ein Tabuthema; auch wenn sich die Wettbewerbsfähigkeit der EU im internationalen Konkurrenzkampf dramatisch verschlechtert. Deindustrialisierung, Arbeitsplatz- und Wohlstandsverluste für die breite Masse werden billigend in Kauf genommen.
Auch zukünftig bestimmt das teuerste Kraftwerk den Strompreis (Merit-Order). Dadurch wird eine der Realität widersprechende Verteuerung zur Norm, da der preisbestimmende Strom aus Gaskraftwerken an der Börse nur einen Anteil von 10 bis 20 Prozent ausmacht.
Obgleich die EU-Verträge Ausnahmen von den Regeln des Wettbewerbs vorsehen, soferne letztere die Versorgungssicherheit zu erschwinglichen Preisen nicht gewährleisten, ist Brüssel nicht bereit das Marktdesign zu ändern. Anstatt bedingungsloser Marktgläubigkeit müsste man nur den Börsenpreis gewichten. Nicht das teuerste Gaskraftwerk, sondern der (gewogene) Durchschnitt der Auktionspreise an der Börse, müsste für die Preisfindung herangezogen werden. Das würde nach Expertenschätzungen zu einer Strompreissenkung von bis zu 50 Prozent führen.
Energiearmut, Inflation und Armutsgefährdung – für die EU noch lange kein Grund dem Marktfetischismus abzuschwören. Daher lässt man zu, dass zuerst abkassiert wird, um danach Hilfszahlungen zu leisten. Dümmer geht es nicht.