Die Message Control des Bundeskanzlers Sebastian Kurz im Zusammenhang mit der Unterstützung in der Corona-Krise lautet: „Koste es, was es wolle, um österreichische Arbeitsplätze zu retten.“ Das klingt beruhigend, entspricht jedoch nicht der Realität. Die Hilfsbereitschaft des Staates endet mit seiner Kreditfähigkeit. Das heißt., dass dieser in der Lage sein muss, die aufgenommenen Schulden auch zukünftig bedienen zu können. Daraus leitet sich das ökonomische Denken ab, welches einen effizienten Einsatz von Mitteln und die Prüfung von Alternativen fordert.
In der Corona-Krise werden nicht alle gleichbehandelt. Bevorzugt werden die Konzerne, die bereits unter normalen Umständen die Entscheidungen unserer Politker beeinflussen. Hingegen sind die KMU`s Bittsteller, auch dann, wenn es sich um staatlich verordnete Verluste handelt, für die sie nichts dafür können.
Das Management der Tochtergesellschaft der deutschen Lufthansa hat um Staatshilfe angesucht. Kolportiert wird ein Betrag von 800 Millionen Euro. Im Raum steht die Schließung des Standortes Wien als Drehkreuz. Die Vorgangsweise dieser Drohkulisse lässt Erinnerungen an die Hypo-Notverstaatlichung wach werden, wobei sich in diesem Fall herausgestellt hat, dass die Androhungen nur vorgeschoben waren.
Der Staat hat der AUA schon einmal geholfen. Anlässlich der Privatisierung im Jahr 2009 hat die Fluggesellschaft 500 Millionen Euro erhalten. Jetzt soll der Staat wieder eine Sonderbehandlung vornehmen. Zusätzlich zu den staatlichen Förderungen, Kurzarbeit und Überbrückungskredit – eine Geldspritze mit Schubkraft. Darüber kann man in Anbetracht des Stellenwertes der Fluglinie für die heimische Wirtschaft und Bevölkerung diskutieren, vorausgesetzt man bewertet diesmal die Fakten ordentlich und lässt sich nicht wieder – wie bei der Hypo – über den Tisch ziehen.
Zur Entscheidungsfindung: Die Lufthansa ist die Marktführerin in Europa und der Standort Wien für Fluglinien geopolitisch bedeutsam. Das Eigenkapital des börsennotierten Kranichs betrug zum 31. Dezember 2018 10,3 Milliarden Euro und der Cash-Flow 4 Milliarden Euro. „Whatever it takes“ heißt gegenständlich, dass eine zusätzliche staatliche Unterstützungsleistung nur dann gerechtfertigt ist, wenn auch der Eigentümer seinen Verpflichtungen nachkommt und Kapital zuschießt.
Ohne Wenn und Aber muss der Staat, der auf Kosten der Steuerzahler das Risiko übernimmt, auch Anteile an der AUA erhalten, um sich ein Mitspracherecht zu sichern und an der Wertsteigerung nach der Krise zu profitieren.
Die Höhe der kolportierten Fördersumme ist nicht nachvollziehbar. Wenn Flugzeuge grounden, fallen keine Kosten für den Treibstoff, Personal- Vertriebs- und sonstige passagierabhängige Kosten an, sodass dem Umsatzentfall eine beträchtliche Einsparung bei den Kosten gegenübersteht. Das gehört genauestens geprüft.
Und was passiert, wenn man sich nicht einigt? Das wäre auch kein Problem. Die Attraktivität des Flughafens Wien wird auch nach der Krise vorhanden sein und sollte die Lufthansa an eine Insolvenz der AUA denken, so würde dies die Mitbewerber und/oder Finanzinvestoren freuen, die in einem solchen Fall als Schnäppchenjäger ante portas stehen. Der Staat könnte die eingesparten Mittel für die Förderung der KMUs und Start-Ups verwenden, die das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft ausmachen und auch in Österreich Steuern zahlen.
Der Bundeskanzler knüpft die Finanzspritze an die AUA an Vorteile für Österreich. Dieser „Wischi-Waschi“ Aussage ist Folgendes substanziell entgegen zu halten:
- Auch wenn die AUA eine Beschäftigungs- und Standortgarantie abgibt, wird diese ihrem Inhalt nach nur einer Absichtserklärung entsprechen. Ihr Geschäftsmodell lässt in Zeiten wie diesen keine verbindlichen Zusagen zu. Bereits vor der Corona-Krise erfolge ein massiver Abbau von Arbeitsplätzen. Im Gegensatz dazu kommt der Mittelstand viel schneller in die Gänge und benötigt für den Neustart Mitarbeiter.
- Die höhere Wertschöpfung für Österreich liegt eindeutig bei den KMUs. Die größte Ausgabenposition der AUA ist das Flugbenzin, welches importiert werden muss. Hinzu kommen noch Konzernumlagen, die die AUA an ihre deutsche Muttergesellschaft zahlt. Der Mittelstand hingegen sorgt für regionale Wertschöpfungskaskaden im Inland.
- Wer Eigentümer der AUA ist, ist für den Steuerzahler nicht wirklich relevant, sonst hätte der Staat vor Jahren nicht die Fluglinie privatisiert. Ganz anders schaut es bei den KMUs aus: Im Falle ihres Scheiterns, gibt es in den meisten Fällen keinen Nachfolger.
Zur viralen Schlussbemerkung: Wer weiß, welche Akteure hinter den Kulissen die Fäden ziehen, weiß auch, dass die Bazooka für die AUA bereits gedealt ist. Es wird nur noch am wording für die Message Control gearbeitet, das dann – in gewohnter Manier – von den Medien kritiklos übernommen wird. Das Virus hat die Spielregeln der 1%-Politik noch nicht infiziert. Von den 800 Millionen Euro, die den KMUs Flügel verleihen würden, können diese nur träumen. Und bis sich im politischen Entscheidungsprozess eine Herdenimmunität gegen die Konzernmacht bildet, wird noch viel Zeit vergehen. Bis dahin empfehle ich ihnen den Kauf von Lufthansa-Aktien, die zukünftig sowohl von der zunehmenden Marktkonzentration als auch von der Großzügigkeit der öffentlichen Hand, profitieren sollten.