Das Kärntner Schweigekartell

Das muss man sich einmal vorstellen: Da spricht der Finanzminister, bei seinem Kärnten-Besuch auf die Heta angesprochen, von einem Spielraum für das Land – der Verwertungserlös liegt derzeit schon über 10 Milliarden Euro –, und keiner der Koali­tionspolitiker sagt darauf etwas. Auch die Kleine Zeitung schweigt zu diesem Thema – das Ergebnis der politisch medialen Synchronisierung in Kärnten.

Die Regieanweisung von Kaiser & Co sah eine Einigung mit dem Bund noch vor der Landtagswahl vor; koste es was es wolle. Der Beitrag des Landes Kärnten für die Hypo in der Höhe von 1,2 Milliarden Euro wurde als politischer Erfolg verkauft und von der Kleinen Zeitung unkritisch übernommen.

Zur Story: Die Freiheitlichen als Verursacher des Hyposkandals und die SPÖ als Ret­terin. Klingt einleuchtend, hat jedoch einen Haken: Einerseits haben damals die Land­tagsabgeordneten aller Parteien der Verlängerung der Ausfallsbürgschaft des Landes für die Schulden der Hypo zugestimmt und andererseits hätte das Land bei gewissen­hafter Prüfung der Sach- und Rechtslage (kein Mitspracherecht, keine Information etc.) noch vor Abschluss einer Vereinbarung mit dem Bund prüfen müssen, ob

  1. die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Ausfallsbürgschaft über­haupt noch vorlagen und
  2. die Beendigung des Verwertungsprozesses durch die Heta abzuwarten gewe­sen wäre, da erst zu diesem Zeitpunkt feststeht, ob überhaupt ein Abgang vorliegt, für welchen das Land die Bürgschaft übernommen hat.

Vor lauter Fokussierung auf die Polit-Soap “good cop, bad cop” hat man noch zusätz­lich auf die Aufnahme einer Besserungsklausel im Vertrag mit dem Bund vergessen.

Mangels öffentlicher Diskussion ist bereits die nächste Vermögensverschleuderungs­aktion in der Pipeline: Die Hypo hat an das Land seit 2011 keine Haftungsprovisionen mehr ausbezahlt. Dies wurde damit begründet, dass das Land seinen Verpflichtungen aus der Milliardenhaftung im Fall des Falles ohnehin nicht nachkommen kann. Das Argumentum ad populum des Bundes: Wenn es um die eigene Pflicht geht – Bezah­lung der Haftungsprovision –, zweifelt man an der Fähigkeit des Bürgen; wenn es um den eigenen Vorteil geht – Beitragsleistung des Landes: 1,2 Milliarden Euro –, wird der Bürge in die Pflicht genommen.

Zurzeit beträgt die Forderung des Landes gegenüber der Heta aus dem Titel der nicht ausbezahlten Haftungsprovisionen rd. 61 Millionen Euro (ohne Zinsen). Obgleich es ein rechtskräftiges Gerichtsurteil gibt, dass die Bank verpflichtet ist, die Haftungspro­vision an das Land zu zahlen – Anlassfall: Nachzahlung für 2010 in der Höhe von 6,21 Millionen Euro – und die Heta im Zuge der Verwertung mehr als das Doppelte erzielen wird als man ursprünglich annahm – Schätzung, die zum Zeitpunkt des Ab­schlusses der Vereinbarung mit dem Bund zugrunde lag –, will das Land jetzt einen Vergleich mit dem Bund im einstelligen bzw. niedrigen zweistelligen Millionenbetrag abschließen.

Aufgrund der Faktenlage ein Skandal: Die Hypo-Gläubiger bekamen eine Quote von 90 %. Das Land Kärnten soll hingegen nur mit maximal 20 % abgespeist werden. Da­bei würde man dieses Geld beispielhaft dringend für die Finanzierung der Investitionen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Kärntner Wasserverbundes benötigen. Die Sicherstellung der Wasserversorgung ist in Zeiten des Klimawandels ein Gebot der Stunde. Aber die Haftungsprovision hat für die politisch handelnden Akteure offen­sichtlich einen bitteren Beigeschmack: Sie stammt noch aus Zeiten des verstorbenen LH Jörg Haider – sozusagen kontaminiertes Vermögen.

Berücksichtigt man die Realverhältnisse in Kärnten, ist klar, dass der Ball vom Finanz­minister Hartwig Löger nicht aufgenommen wird. Das Erfolgsmärchen ist Teil der poli­tischen und medialen Kovarianz. Schweigen ist Gold und die privaten Seilschaften stärker als die Verantwortung für die Zukunft.