Faktencheck zu den Spitzenkandidaten für die Kärntner Landtagswahl 2018

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Um diese zu minimieren, ein Faktencheck zu den Spitzenkandidaten, die bei der nächsten Landtagswahl in Kärnten antreten:

Peter Kaiser

Was zeichnet einen erfolgreichen Politiker aus? Dass er seine Wahlversprechen in die Tat umsetzt, Visionen für das Land hat und auch Vorschläge von anderen Par­teien nicht per se ablehnt. Was zeichnet Peter Kaiser als Person aus? Von seinem ehemaligen politischen Mitbewerber wird er als intellektuell, zivilisiert und zurückhal­tend eingestuft (Wolfgang Waldner ÖVP).

Zum politischen Faktencheck: Peter Kaiser hat Soziologie studiert. Die Berufslauf­ bahn ist der Sozialdemo­kratie geschuldet – sein Mentor war Peter Ambrozy.

Beurteilt man seine Leistung anhand des Regierungsprogramms der Zukunfts­koalition, so ist die Plus/Minus-Bilanz negativ. Von einem gesunden Landeshaus­halt, einer Schuldenbremse und einer Verwaltungsreform ist Kärnten meilenweit entfernt. Die Versprechen, den Zukunftsfonds zu erhalten und den Strompreis zu senken, ha­ben sich in Luft aufgelöst. Der Deal mit dem Finanzminister in der Causa Hypo war ein Eingeständnis der SPÖ (einstimmiger Beschluss im Landtag; Peter Kaiser inklu­sive). Laut den jüngsten Zahlen der Caritas werden die Armen in Kärnten immer ärmer. Beinahe 80.000 Kärntner leben in Not. Und die Top-Team-Affäre hängt wie ein Damoklesschwert über seiner politischen Zukunft.

Der Landeshauptmann sieht sich als Retter des Landes Kärnten vor der Pleite. In Anbe­tracht der geänderten Umstände – der Verwertungserlös der Heta liegt um fünfzig Prozent höher als dieser bei der Verhandlung mit dem Bund angenommen wurde –, wäre das Land Kärnten verpflichtet, mit dem Bund in Nachverhandlungen einzutreten. Man muss kein Volks­tribun sein, um als Politiker erfolgreich zu agieren. Wenn man sich jedoch mangels eigener fachlicher Kompetenz nur mit Gleichgesinn­ten umgibt, besteht die Gefahr, dass man betriebsblind wird. Peter Kaiser wäre gut beraten, wenn er die Täter-Opfer-Rolle nicht zum Wahlschlager macht. Sie stimmt mit der Realität einfach nicht überein.

Christian Benger

Das Lebensmotto von Christian Benger lautet: „Gelebte Nachhaltigkeit“. Von dieser ganzheitlichen Lebensbetrachtung konnten seine Vorgänger in der ÖVP Gabriel Obernosterer und Wolfgang Waldner nur träumen. Sie wurden nach einem parteiin­ternen Machtkampf nach kurzer Amtszeit – nicht einmal 2 Jahre – abgelöst. Von einem Giebelkreuzler und ehemaligen Pfarrgemeinderat – die DNA der ÖVP-Alt.

Der Quereinsteiger wollte einen Neustart für Kärnten: Alte Strukturen aufbrechen und eine Sanierung der Finanzen. Von der Kampfansage ist nicht viel übrig geblie­ben. Sein Machtanspruch ist stärker als sein Programm. Wenn man im Landtag über sinnvolle Reformen diskutiert, die zu einem Einschnitt seiner Ressortzuständigkeit führen könnten, verliert der Landesrat leicht die Nerven. Da scheut er auch vor laut­starken Beschimpfungen nicht zurück.

Bei medialen Auftritten des Christian Benger hat man den Eindruck, dass ihm ein Pfarrer als Ghostwriter zur Seite steht.

Der Forstmeister engagiert sich auf seine eigenwillige Art für Kultur und die Interes­sen der Bauern. Wenn es um das Gesamtinteresse des Landes geht, bleibt der Landesrat farblos. Hinzu kommt noch ein Zick-Zack-Kurs. Anlässlich der Verfas­sungsänderung – Stich­wort: slowenischsprachige Landsleute – hat er sich zweimal im Kreis gedreht.

Das Zauberwort der neuen Bundes-ÖVP heißt Erneuerung. Im ORF-Sommerge­spräch 2017 hat Christian Benger beteuert, dass er hinter Sebastian Kurz steht. Das ihm eingeräumte Durchgriffsrecht auf die ÖVP sei „absolut OK“. Ob er sich damit nicht selbst einen Bärendienst erwiesen hat, bleibt abzuwarten. Wenn nämlich Sebastian Kurz sein Versprechen in die Tat umsetzt, könnte ein neuer Spitzen­kandidat auch die DNA der ÖVP in Kärnten erneuern. Das wär´s dann mit dem OK. Die Pfarrgemeinde Griffen würde sich jedenfalls über die Rückkehr des verlorenen Sohnes freuen; auch dies entspräche dem Lebensmotto von Christian Benger: Ge­lebte Nachhaltigkeit.

Gernot Darmann

Gernot Darmann hat als Vertrauter von Heinz-Christian Strache die FPÖ Kärnten wieder mit der Bundes-FPÖ vereint. Die Ablöse von Christian Ragger war die end­gültige Trennung von der Nabelschnur zum BZÖ.

Der Landesrat hat im ORF-Sommergespräch den Regierungsanspruch gestellt und sich dafür ausgesprochen, dass die stimmenstärkste Partei den Landeshauptmann stellt. Mangelndes Selbstvertrauen schaut anders aus.

Gernot Darmann war in der Ära Dörfler als Clubobmann der FPÖ der Mastermint für die Verzögerung der Neuwahlen. Er hat durch das Ausziehen der FPÖ‑Abgeordneten dafür gesorgt, dass das notwendige Quorum nicht zustande kam. Erst durch den Druck der Öffentlichkeit kehrte bei Gernot Darmann wieder das Vernunft­denken zurück.

Trotz der vielfältigen politischen Funktionen, die der Landesrat in der Vergangenheit bereits innegehabt hat, hat man von ihm noch keine wirkliche Handschrift erkennen können. Dass er die Flüchtlingspolitik kritisiert und sich über den Stillstand im Land Kärnten seit der Führung durch die Dreier-Koalition aufregt, gehört zum Dauerbren­ner der FPÖ. Die Konturlosigkeit des Landesrates in der Vergangenheit lässt eine gesicherte Einstufung seiner Richtung nicht zu.

Die Kenia-Koalition hat Gernot Darmann das Jagdreferat zugeteilt. Diese Abteilung verwaltet 0,2 Prozent der Landesbudgetmittel. Große Sprünge kann man sich daher nicht erwarten. Da ist die Be­schlussfassung des neuen Kärntner Jagdgesetzes schon ein Meilenstein. Dass dabei die vom Landesrechnungshof kritisierte Ausglie­derung der Kärntner Jägerschaft kein Thema war, spricht nicht für den Reformeifer des Landesrates.

Wenn der passionierte Jäger die nächste Wahl mit einem Halali beenden möchte, muss er – um den politischen „Abschussplan“ erfüllen zu können – noch kräftig nach­laden um den Wählern vor der Wahl sein wahres Profil zu offenbaren.

Rolf Holub

Tempi passati: Rolf Holub als Aufdecker. Mit der Lupe hat er die politischen Hand­lungen im Land seziert. Die Oppositionsrolle war dem Kabarettisten auf den Leib geschnitten. Seine Angriffslust gegen den verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider dürfte auch eine Retourkutsche für die Nichtverleihung des Kleinkunst­drachen – Jörg Haider hat ihn aus der Liste der Preisträger gestrichen – gewesen sein. Damals wollte er entweder „auswandern“ oder „in die Politik gehen“.

Tempi presente: Rolf Holub als Sargnagel. Der Wechsel auf die Regierungsbank hat die Grünen entzaubert. Sie sind nicht nur ihren Wurzeln untreu geworden, sondern haben sich auch von den Alltagssorgen der Menschen entfernt. Beispiele gefällig: Wer sich getraut, die „Refugee first“ Politik seiner Partei zu kritisieren, wird als rechts abgestempelt. Die Subventionierung der Busverbindung nach Laibach. Für den Flughafen Klagen­furt ein Danaergeschenk. Das Hotelprojekt in Flattach – ein mög­licher Wertschöpfungsimpuls für das Möll­tal – fiel dem Einspruch der Grünen zum Opfer. Der Investor hat sich bereit erklärt, die doppelte Fläche der beanspruchten Talabfahrt als Naturschutzzone zu widmen. Für Rolf Holub ein No-Go. Tempolimit von 100 km/h auf der Wörthersee-Autobahn. In eigener Sache darf es mit dem Chauffeur schon deutlich schneller sein. Wasser predi­gen und Wein trinken. Prost!

Dass die Geschäftsordnung der Grünen es zulässt, dass man einen Tag vor der Landesversammlung eine Vielzahl von Asylanten aufnimmt, die am nächsten Tag die Wahl beeinflussen, sagt alles über den Zustand der Partei aus.

Nicht zu verzeihen ist, wenn man beim Wechsel vom Outsider zum Insider die eige­nen Prinzipien über Bord wirft. Eine Verfassungsreform (Koalitionsregierung) zu be­schließen, ohne der Opposition ein Einsichtsrecht in die Regierungsakte einzu­räumen, ist unentschuldbar.

Tempo futuro: Sollten die Grünen nach der Wahl nicht mehr als Koalitionspartner gefragt oder im Landtag nicht mehr vertreten sein, könnte Rolf Holub es noch im Nachhinein bereuen, dass er damals nicht die Option „auswandern“ gewählt hat.

Gerhard Köfer

Gerhard Köfer ist der einzige bekennende Energetiker auf der politischen Bühne in Kärnten. Er behauptet von sich, dass er „Hände wie Starterkabel“ hat. Seine ehema­li­gen politischen Mitstreiter sind davon noch heute elektrisiert.

Der Landesrat ist aus seiner Heimatpartei SPÖ nach dem erfolglosen Versuch Par­teichef zu werden, ausgetreten und hat sich politisch neu positioniert. Diese Ent­scheidung hat ihm ein lukratives Angebot des damaligen Teams Stronach erleichtert. Getreu seiner Fähigkeit “Blockaden bei anderen öffnen zu können“, hat er sich wie­der gehäutet: Gerhard Köfer tritt bei der Wahl unter seiner eigenen Liste an. Das Team Stronach ist Geschichte. Ob seine politische Metamorphose schon abge­schlossen ist, weiß nur der Landesrat selbst.

Auffallend bei Gerhard Köfer ist seine Persönlichkeitsspaltung. Als Regierungsmit­glied stimmt er für den Schuldenlastenvertrag mit dem Finanzminister – als Team Kärnten Vertreter wettert er gegen diese Vereinbarung. Man kann sich des Eindrucks nicht verwehren, dass die Richtung des Windes seinen Standpunkt bestimmt. Das ist überhaupt die Achillesferse des Landesrates: Er liefert durchaus diskussionswürdige Vor­schläge und zeigt Fehlentwicklungen im Lande auf. Da­bei spart er auch nicht mit scharfer Kritik „Roter Machtmissbrauch“, „Sozialistischer Selbstbedienungsladen“ …. Wenn es jedoch darauf ankommt, Flagge zu zeigen, ist Kuschelkurs angesagt. Das reine Kopfkino, welches der Landesrat bei seiner „Shades of Grey“–Affäre als Ani­mation nannte, wird bei seinen politischen Entscheidungen hoffentlich keine Rolle spielen.

Es kann sein, dass Gerhard Köfer bei den Koalitionsverhandlungen nach der Wahl das Zünglein an der Waage ist. Allein sein Lieblingslied „I did it my way“ von Frank Sinatra lässt erahnen, in welche Richtung die Koalitionsgespräche gehen könnten. Die politischen Mitstreiter sollten sich jedenfalls nicht darauf verlassen, dass der Landesrat seine Zukunftsvision, einmal nur mehr als Energetiker arbeiten zu wollen, auch tatsächlich in die Tat umsetzt.