Vergesslichkeit

Wenn die Nationalratswahl in Kärnten nicht so ausgeht, wie es sich die Chefredaktion der Kleinen Zeitung erwartet hat, wird dies der Vergesslichkeit der Wähler zugeschrieben. Im Leitartikel zur Wahlanalyse (Die Farbe des Vergessens) stellt Antonia Gössinger die Frage, warum die Kärntner wieder die FPÖ gewählt haben, obwohl die freiheitliche Politik das Land beinahe in den Abgrund geführt hat und obwohl Kaiser & Co die Pleite von Kärnten abwenden konnten? Adolf Winkler bewertet die ab­lehnende Haltung der FPÖ im Landtag gegen den Beschluss zur Bezahlung von 1,2 Milliarden Euro an den Bund als obstruktiv.

Zur Untermauerung für das „unerklärliche“ Wahlergebnis wird als „unverdächtiger Analyst“ der Rektor der Klagenfurter Uni Oliver Vitouch zitiert. Er analysiert, dass die Fremdenfeindlichkeit (Xenophobie) in Kärnten am besten gezogen hat. Seiner Meinung nach wurde die Sachpolitik in Kärnten nicht bewertet, und ist er davon über­zeugt, dass das Nationalratswahlergebnis auf die Landtagswahl am 4. März 2018 keinen Einfluss haben wird. Wer wissen möchte, wie „unverdächtig“ der Analyst tat­sächlich ist, sollte in der Presse nachlesen. Anlässlich seiner Wahl zum Rektoren­chef lautete der Vorspann „Er gilt als SPÖ-nahe“.

Ich kann mir vorstellen, wie schmerzlich die Chefredaktion das Wahlergebnis zur Kenntnis genommen hat. Da schimpft man seit Jahren auf Haider & Co und lässt keine Gelegenheit aus, alle Versäumnisse der Kärntner Politiker dem verstorbenen Landeshauptmann in die Schuhe zu schieben und dann das. Unbestreitbar ist, das es unter den Blauen Missstände und Fehlentwicklungen gegeben hat. Ich habe diese in meinen Debattenbeiträgen in der Kleinen Zeitung in der Vergangenheit noch zu Lebzeiten des Jörg Haider mit aller Deutlichkeit aufgezeigt. Wenn man jedoch jetzt einen kritischen Beitrag über die Zukunftskoalition veröffentlichen möchte, beißt man bei der Chefredaktion auf Granit.

Auch wenn es die Kleine Zeitung nicht wahrhaben will – da spielt sicher auch das persönliche Naheverhältnis zwischen Frau Gössinger und Frau Schaunig eine Rolle –, die Faktenlage zur Rettung des Landes ist keine Erfolgsgeschichte der Zukunfts­koalition. Ganz im Gegenteil:

  • Das Land Kärnten hat nicht die Haftung für die Schulden der Hypo über­nommen, sondern war lediglich Ausfallsbürgin. Das heißt, dass eine Inan­spruchnahme des Landes erst nach Verwertung des Vermögens durch die Hypo erfolgen hätte können (und auch das wurde von namhaften Rechts­experten angezweifelt).
  • Zu keinem Zeitpunkt wurden seitens des Landes die Fehler im Rahmen der Notverstaatlichung und danach thematisiert. Das Land war immer nur Befehlsempfänger, und wurden die Entscheidungen in Wien gefällt. Auch dieser Umstand spricht gegen die Leistungen eines Beitrages seitens des Landes.
  • Das Land hätte nie Pleite gehen können, weil in diesem Fall der Bund als Hauptgläubiger den größten Schaden zu tragen gehabt hätte. Mehr als die Hälfte der Schulden hat das Land beim Bund aufgenommen.
  • Zum Zeitpunkt der Verhandlung mit dem Bund ist man davon ausgegangen, dass die Heta im Zuge der Verwertung des Vermögens einen Betrag von 6,6 Milliarden Euro erzielen wird. Unter dieser Annahme hat sich das Land verpflichtet, an den Bund 1,2 Milliarden Euro für das Hypodesaster zu bezahlen. Jetzt stellt sich heraus, dass der Verwertungserlös über 9 Milliarden Euro liegt. Tendenz steigend. Führt diese positive Entwicklung nunmehr zu einem geringeren Beitrag unseres Landes? Mitnichten – weil Schaunig & Co auf die Aufnahme einer Besserungsklausel verzichtet (oder vergessen) haben. Dabei hätten sie nur von den Bayern abschreiben müssen. Diese haben selbstverständlich eine solche Regelung zu ihren Gunsten ausver­handelt und bekommen jetzt von der Heta um 50 % mehr als ursprünglich vereinbart – trotz Beitragstäterrolle im Hypodesaster. Das Land kann sich offensichtlich den Luxus von zusätzlichen Schulden leisten. Der Umstand, dass Kärnten schon vor der Hypostrafzahlung das höchstverschuldete Bundesland war, wird ausgeblendet. Schöne Aussichten für die Zukunft.

Die Bürger sind nicht so vergesslich, wie es die Wahlanalyse der Kleinen Zeitung suggeriert. Die Umstände, dass der damalige Notverstaatlichungsminister Josef Pröll bei Raiffeisen einen Traumjob erhalten hat, die Bad Bank jahrelang nicht gegründet wurde, obgleich der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Johannes Dietz darauf ver­wiesen hat, dass bei ordnungsgemäßer Abwicklung der Hypo der Steuerzahler – und somit auch Kärnten – nicht zur Kassa gebeten wird, und dass bei der Verwertung des Vermögens der Hypo manche goldene Eier verdient haben, haben die Bürger nicht vergessen.

PS.: Weil es so gut dazu passt:

Skiper: Die Heta hat jetzt das Luxusresort Skiper verkauft. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Kolportiert wird ein Betrag von 35 Millionen Euro. Der Kempinsky Konzern, der das kroatische Luxushotel betreibt, hat der Hypo bereits am 2. September 2009 ein Angebot für den Erwerb des Luxusresorts in der Höhe von 140 bis 150 Millionen Euro unterbreitet. Dies hat der damalige Chef des Kempinsky Konzerns in einem Schreiben vom 27. Februar 2015 bestätigt.

Unter der Ära von Franz Pinkl – dieser bekam von den Bayern eine Erfolgsprovision in Millionenhöhe für die Verstaatlichung der Hypo! – wurde dieses Angebot dankend abgelehnt. Wer hat sich bei diesem Projekt bereichert? Keine Antwort. Wer ist für diesen Schaden (Verwertungsverlust) verantwortlich? Niemand. Da die üblichen Verdächtigen bei dieser Abwicklung keine Rolle spielten, haben die Medien an diesem Thema kein Interesse. Daher ist für den Steuerzahler die Kaufpreissumme tabu – seine Rolle beschränkt sich auf jene des Zahlers.