Der 2. Sündenfall

In Kärnten hat man aus dem „Sündenfall“ (Irmgard Griss) vom 22. April 2004 nichts gelernt. An diesem Tag hat der Landtag den einstimmigen Beschluss gefasst – somit mit den Stimmen aller im Landtag vertretenen Parteien! –, dass das Land Kärnten als Ausfallsbürgin für die Schulden der Hypo haftet. Dies ohne betragsmäßiger Begrenzung. Die damit verbundenen Konsequenzen sind leider bekannt.

Jetzt hat man in der Landtagssitzung eine Novelle zum Kärntner Ausgleichs­zahlungsfonds–Gesetz mit den Stimmen der Kenia-Koalition (schwarz-rot-grün) beschlossen, ohne dass es vorher zu einer Begutachtung der Gesetzesnovelle kam und ohne inhaltlicher Debatte im Landtag; Letztere soll diese Woche nachgeholt werden. Nach dem Landtagsbeschluss eine Diskussion – dass gibt es auch nur in Kärnten. Und das im Landtag beim 2. Sündenfall auch jene Personen darüber abgestimmt bzw. die Sitzung geleitet haben, die schon beim 1. Sündenfall ohne jeglicher Sachkenntnis ihre Hand gehoben haben.

Um was ging es? Die Heta-Gläubiger bekommen im zweiten Anlauf 90 Prozent ihrer Forderung und können nach einer Sperrfrist von 180 Tagen Kassa machen.

Gegenüber dem ursprünglichen Angebot, welches man den Heta-Gläubigern unterbreitet hat, hat sich die Situation für das Land Kärnten deutlich verschlechtert. Statt 800 Millionen Euro müssen nunmehr 1,2 Milliarden Euro aufgebracht werden. Die Kosten für die Abwicklung in der Höhe von 20 Millionen Euro für Anwaltskanzleien, Investmentbanker etc. sind ebenfalls vom Land zu tragen.

Der Bund kann sich über diese Entwicklung freuen: Die heiße Kartoffel ist nunmehr in Kärnten gelandet. Seine Rechnung schaut hingegen wie folgt aus: Von den garantierten Anleihen in der Höhe von 10 Milliarden Euro haben sich Gläubiger beim Erstangebot mit einem Anleihevolumen in der Höhe von 2 Milliarden Euro nicht gemeldet. Man kann davon ausgehen, dass diese lieber in Deckung bleiben und auf die Quote verzichten, statt ihre Identität offen zu legen. Das Finanzamt und die Justiz hätte sonst ein neues Betätigungsfeld.

Für die nunmehr angebotene Quote benötigt man – ohne Berücksichtigung jener Anleihenbesitzer, die sich bis jetzt nicht geoutet haben – insgesamt maximal einen Betrag von 7,6 Milliarden Euro (inklusive Nachranggläubiger; diese werden mit 45 Prozent befriedigt). 1,2 Milliarden Euro werden vom Land Kärnten aufgebracht und 6,3 Milliarden Euro sind der realistische Erlös, den man aus der Abwicklung der Heta erwarten kann. Allein zum 31. Dezember 2015 werden in der Bilanz liquide Mittel (Bankguthaben) in der Höhe von 4,3 Milliarden Euro ausgewiesen. Das Risiko, dass der Bund nochmals zur Kasse gebeten wird, ist somit gleich Null.

LH Peter Kaiser hat versprochen, dass – bevor ein neuerliches Angebot an die Gläubiger gestellt wird – eine Überprüfung der Rechtsgrundlage für die Ausfallsbürgschaft (EU-Recht) zu erfolgen hat; diese wurde nämlich von einem namhaften Rechtsexperten angezweifelt. Gehört hat man nichts mehr und ist Kärnten in Wirklichkeit Befehlsempfänger aus Wien.

Frau Irmgard Griss hat vor kurzem in einem Artikel darauf hingewiesen, dass man in Österreich eine gesetzliche Sorgfaltspflicht für Politiker einführen sollte. Dabei hat sie offensichtlich auf § 159 Abs 3 StGB vergessen, der eine grob fahrlässige Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen – in diesem Fall der Steuerzahler – vorsieht, soferne ein Land nur deshalb nicht zahlungsunfähig wird, wenn der Bund – ohne dazu verpflichtet zu sein – einspringt. Der klassische Fall ist die Hypo-Pleite. Es bleibt abzuwarten, ob die Justiz diesbezüglich tätig wird oder noch ein 3. Sündenfall eintreten muss.