Das korrupte System

Die Briefkästen in Steueroasen sind kein Betriebsunfall der freien Marktwirtschaft, sondern Teil der grundsätzlichen Funktionsweise des globalen Kapitalismus. Sie sind die Spitze der Gier und markieren die Klassentrennung: Für das 1 Prozent der Gesellschaft sind die Offshore-Konten das Privileg der legalisierten Korruption. Für die restlichen 99 Prozent sind Briefkästen Arbeitsmittel der Post.

Und was macht die Politik? Sie gibt der Partnerschaft von Kriminellen und Superreichen den Schlüssel für die Schädigung der Allgemeinheit in die Hand: Anonymität.

Es ist daher kein Wunder, dass nach Schätzung von Experten in 30 tax heavens 30 Billionen Dollar liegen. Wenn es um das Ziel geht, aus Geld noch mehr Geld zu machen, und zwar unbehelligt von Staatsanwaltschaft und Steuerbehörden, gibt es auch keine Feindschaft zwischen West und Ost. In der dunklen Welt des Kapitalismus sind alle Brüder – ob russische Oligarchen, Diktatoren oder Konzerne.

Über die Hälfte aller Bankvermögen wird in Offshore-Finanzzentren verwaltet. Hinzu kommen noch zehntausend Hedgefonds, die ihre Gelder auf den Cayman Islands parken. Auch und vor allem die Finanzlobby hat daher kein Interesse daran, dass sich irgendetwas an diesem System ändert.

Dabei gäbe es eine einfache Möglichkeit gegen die Demokratiezerstörer vorzugehen: Wer die wahren Besitzer von Briefkastenfirmen verheimlicht, könnte vom grenzüberschreitenden Clearing System, das den Finanzverkehr zwischen den Banken regelt, ausgeschlossen werden. Das Ende der Steuerparadiese.

Solange jedoch

………. die Konzerne die Politik beherrschen, ist die Existenz von Steueroasen gesichert

………. der ehemalige Landeschef von Luxemburg – ein Paradies der Steuerhinterzieher – die EU-Kommission leitet, ist die Frage, welchen Beitrag das Großkapital zum Steueraufkommen beiträgt, nebensächlich

………. Kriminelle, Kleptokraten, Steuerbetrüger mit den privilegierten Teilen der Gesellschaft (Spitzensportler, Milliadärswitwen, öffentliche Funktionsträger etc.) gemeinsam in einem Boot sitzen, wird dieses nicht sinken.

………. Treuhandschaften die Eigentumsverhältnisse verschweigen, werden jährlich 8 % des Weltvermögens dem Zugriff des Fiskus entzogen.

Sowohl die Steuervermeidungstricks der Superreichen und der milliardenschweren Konzerne (1 % Steuern) als auch die Steuerbetrüger und Weißwascher stellen den Nährboden für politischen Extremismus dar. Im Übrigen ist diese zunehmende Konzentration des Reichtums in den Händen weniger auch nicht verfassungskonform.

Bereits Karl Marx hat das apokalyptische Ende des Kapitalismus vorhergesagt: Die Konzentration des Kapitals gebiert ihre eigenen Totengräber. Würden die politischen Eliten nicht Teil des Problems sein, könnte eine globale progressive Kapitalsteuer auf Finanzvermögen die Schere zwischen der kapitalistischen Rationalität und der real existierenden Ungleichheit der Lebensverhältnisse schließen. So aber ist und bleibt das System korrupt.